Wenn wir uns dazu entschließen, unser Baby tragen zu wollen, bleibt immer noch die Qual der Wahl: Welches System zwischen Tragetuch und Babytrage ist für uns das Richtige?
Inhaltsverzeichnis
Vorteile von Tragetuch und Babytrage
Bevor wir auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Tragetuch und Babytrage eingehen, betrachten wir die Vorteile des Tragens von Babys und Kindern. Solltet ihr euch für das Tragen eures Babys entscheiden oder dies zumindest ausprobieren wollen, ist es wichtig, über die richtige Handhabung von Tragehilfen informiert zu sein und die passende Größe zu kaufen.
- ob Tragetuch und Babytrage: beides ist leicht und kann platzsparend verstaut werden und eignet sich zudem, auch auf Reisen mitgenommen zu werden
- Eltern haben beide Hände frei für andere Aktivitäten (z. B. kochen, Geschwister, Tiere, usw.)
- der direkte Körperkontakt zwischen Elternteil und Baby kann die Körpertemperatur des Kindes regulieren und beispielsweise erhöhte Temperatur senken oder bei Kälte wärmen
- das Tragen mit Tragetuch und Babytrage kann bei Verdauungsproblemen des Kindes behilflich sein: durch stetige Bewegung, Wärmezufuhr und das Anwinkeln der Beinchen können die sogenannten 3-Monats-Koliken gemildert werden
- Treppenstufen, unbefestigte Wege, Schnee , Wanderwege und sogar die Nutzung des öffentlichen Verkehrs bieten mit dem Tragen des Kindes eine bessere Mobilität
- Babys scheinen zufriedener und ausgeglichener zu sein, wenn sie getragen werden: der Körperduft der Eltern hat eine beruhigende Wirkung auf Babys und bietet ihnen das nötige Sicherheitsgefühl
- die Bindung zwischen Eltern und Kind wird durch ausgiebigen Körperkontakt gestärkt
- das Tragen (in der Anhock-Spreizhaltung) kann Hüftdysplasien vorbeugen und sogar verringern
Das Tragen des Babys mit Tragetuch und Babytrage aus medizinischer Sicht
Vorbeugung und Verringerung von Hüftdysplasie
Aus kinderorthopädischer Sicht stellt das Tragen einen enormen Vorteil dar: getragene Babys in der Anhock-Spreizhaltung (auch M-Form genannt) leiden seltener an einer Hüftdysplasie. Bei manchen Kindern konnte dieses sogar vermindert oder komplett verschwinden lassen.
So funktioniert die Anhock-Spreiz-Haltung: Sie ist die einzige orthopädisch korrekte Position, in der die Beinchen eures Babys während der gesamten Tragedauer verweilen sollten. Dies bedeutet, dass sich die Knie des Babys in etwa auf der Höhe seines Bauchnabels befinden und leicht nach außen gespreizt werden sollten. So ergibt sich ein leichtes „M“, weswegen die Sitzposition auch unter der „M-Haltung“ bekannt ist.
Vorbeugung der lagerungsbedingten Plagiocephalie (des lagerungsbedingten Schiefkopfs)
Eine lagerungsbedingte Plagiocephalie tritt dann auf, wenn der Hinterkopf durch das zu häufige und lange Liegen auf dem Rücken abgeplättet wird. Dabei geht es nicht nur um die Ästhetik: neben dem äußeren Erscheinungsbild des platten Hinterkopfes können andere Störungen (in etwa eine Fehlhaltung des Köpfchens) einhergehen und das Kind in der sensomotorischen Entwicklung beeinträchtigen. Ärzte empfehlen, die Liegeposition des Säuglings häufiger zu verändern und beispielsweise Wachphasen zu nutzen und das Baby in Bauchlage zu legen. Babytragen (und Tragetücher) bieten sich in der Prävention zusätzlich an: der Säugling kann während des Tragens seine Horizontalposition für einen längeren Zeitraum verlassen und ist damit einer geringeren Schwerkraftbelastung ausgesetzt.
Förderung der emotionalen Ausgeglichenheit und Linderung des Schreiens
Wissenschaftliche Studien (vor allem bei Babys in den ersten 3 Lebensmonaten) beweisen, dass das Schreien der Babys durch regelmäßiges Tragen verringert werden konnte. Durch die indirekte und unterbewusste Kommunikation zwischen Elternteil und Säugling fühlt sich das Baby in einer angenehmen Behaglichkeit und ist insgesamt ausgeglichener und ruhiger.
Unterbewusste Kommunikation
Wir als Elternteil nehmen beim Tragen den emotionalen Zustand unseres Babys über dessen Bewegungen wahr und gehen sensibler mit unserem Kind um, wenn wir regelmäßigen Körperkontakt zu unserem Baby zulassen. Wir entwickeln eine höhere Bindung zwischen uns und dem Säugling und entwickeln eine höhere Feinfühligkeit, die sich auf eine effektivere Kommunikation zwischen uns und unserem Kind auswirkt.
Förderung der sensomotorischen Entwicklung
Beim Tragen ist unser Kind bereits im Alter von wenigen Wochen über die unterschiedlichsten Sinneskanäle mit uns verbunden. Durch das eigengesteuerte Zuwenden zur Umwelt und dem Abwenden von dieser, wenn die Reize zu groß werden, reguliert unser Baby die eigenen Emotionen und erfährt damit eine kontinuierliche sensorische Förderung bereits in den ersten Lebenswochen. Studien zufolge durchlaufen Babys aus den Kulturen Asiens und Afrikas, die häufiger getragen werden, schneller motorische Meilensteine als Kleinkinder aus dem westlichen Raum mit weniger Trageerlebnissen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Tragen von Kindern ihre sensomotorischen als auch emotionalen Fähigkeiten fördert und regelmäßiger Körperkontakt zwischen Eltern und ihrem Baby zu ausgeglicheneren Kindern mit ausgeprägter Bindungsfähigkeit beiträgt. Allerdings ist der richtige Gebrauch von Babytragen und Tragetüchern sicherzustellen.
Was ist bei der Verwendung von Tragetüchern zu beachten?
Es gibt unterschiedliche Arten von Tragemöglichkeiten: Tragetücher* aus elastischem Stoff, die meist aus 100 % Baumwolle bestehen und Tragetücher aus gewebtem Stoff. Sie sind etwas steifer und nicht ganz so elastisch wie die Baumwolltragetücher. Wir – und viele andere „Anfänger“ – bevorzugen möglichst elastische Tragetücher. Sie sind oft leichter zu binden und fühlen sich weich an. Sie gibt es je nach Anbieter in den unterschiedlichsten Farben und Motiven.
Die richtige Größe bei Tragetüchern ermitteln
Das Wichtigste, worauf vor dem Kauf geachtet werden sollte, ist die Größe des Tragetuchs. Je nach Trageposition bieten sich unterschiedliche Längen an:
- für den Hüft-Sitz empfiehlt sich eine Länge von ca. 250-270 cm
- für den Rucksack werden ca. 320-370 cm Länge benötigt
- für die Hüft-Schlinge benötigt ihr ein Tragetuch mit einer Länge von ca. 370-420 cm
- tragt ihr euer Baby im Känguru-Sitz, sollte das Tragetuch in etwa 420-470 cm lang sein
- für die Tragearten Wickelkreuztrage, doppelte Kreuztrage, Wickelkreuzrucksack und Double Hammock sollte das Tragetuch ca. 460 bis 520 cm lang sein und ist damit das längste Tuch
In Onlineshops sind die unterschiedlichen Tuchlängen meist folgendermaßen angegeben:
Größe 2 = ca. 270 cm
Größe 3 = ca. 320 cm
Größe 4 = ca. 370 cm
Größe 5 = ca. 420 cm
Größe 6 = ca. 470 cm
Größe 7 = ca. 520 cm
Größe 8 = ca. 570 cm
Seid ihr eher klein und schlank, empfiehlt es sich, sich an der kürzeren der empfohlenen Länge zu orientieren. Große und / oder fester gebaute Menschen sollten eher zur oberen Grenze der jeweiligen Größenempfehlung für Tragetücher greifen. So kann es sich beispielsweise zwischen beiden Elternteilen unterscheiden, wenn eine Person eher kleiner und die andere eher größer ist. Dabei könnt ihr entweder überlegen, ob das Budget für zwei Tragetücher bzw. ein Tragetuch und eine Babytrage reicht, oder ihr entscheidet euch, wer von euch am Meisten das Baby trägt. Denn: ein zu langes Tuch, das einer von euch mehrmals um sich schlingen muss, während der Andere vielleicht nur am Wochenende das Baby trägt, bereitet auf Dauer keine Freude.
Die verschiedenen Tragetücher richtig anlegen
Je nach Alter des Babys bieten sich unterschiedliche Trageweisen an. Es wird empfohlen, je nach motorischem Entwicklungsstand des Kindes die Trage-Art jeweils zu verändern und anzupassen. Ob die jeweilige Art jedoch für euch angenehm ist und somit für längere Sicht infrage kommt, testet ihr nach Möglichkeit am besten selbst! Ändert ihr immer wieder die Trageweise, belastet ihr euren Körper nicht einseitig und ermöglicht eurem Baby gleichzeitig verschiedene motorische Anregungen.
Beim Wechseln der Trageposition könnt ihr euch gern an den Bedürfnissen eures Kindes orientieren. Möchte euer Baby möglichst viel von der Umgebung wahrnehmen oder lieber zu euch kuscheln und die Außenreize ausblenden? Die sensible nonverbale Kommunikation zwischen euch und eurem Baby wird es euch verraten!
Wichtig ist jedoch, dass das Tragetuch eurem Baby einen guten Halt und eine gestützte Sitzposition durch straffes Binden gibt. Folgende Punkte solltet ihr beim Anlegen eines Tragetuchs beachten:
- der Stoff des Tragetuchs schmiegt sich an den Rücken eures Babys
- euer Baby liegt mit der richtigen Beckenstellung und Haltung der Beinchen im Tragetuch (die Knie sind über der Hüfte und in etwa auf Bauchnabelhöhe)
- der Stoff schneidet nicht ein und reicht von Kniekehle zu Kniekehle eures Babys
- das Gewicht eures Babys verteilt sich gleichmäßig an eurem Körper
- es gibt keine Stellen, die einschneiden oder eindrücken
- das Köpfchen von Säuglingen ist stabil und gleichzeitig kann euer Baby seinen Kopf gut bewegen
- euer Baby kann frei atmen und ist nicht zu eng an euch gebunden
Doch welche Trage-Art eignet sich für welches Alter und wie wird sie gebunden? Nun folgen Antworten inkl. Bindeanleitung. Wir haben uns für Videoanleitungen entschieden, da wir der Meinung sind, dass man von Lesen manchmal doch nicht ganz schlau wird und Videos in diesem Fall einfach schon fast selbsterklärend sind.
Wir verlinken hier auf in unseren Augen sinnvolle und leicht verständliche Youtube-Video-Anleitungen und haben keinen Einfluss auf die dort veröffentlichten Werbe- und sonstige Inhalte (insbesondere, wenn das Video gelöscht oder geändert wird).
Wickelkreuztrage : ab der Geburt
Känguru-Sitz : ab der Geburt
Doppelte Kreuztrage : ab der 6. Woche
Hüft-Schlinge : ab ca. 10 Wochen
Wickelkreuzrucksack : ab ca. 3 Monaten
Double Hammock : ab ca. 5 Monaten
Seitlicher Hüftsitz : ab ca. 6 Monaten
Rucksack : ab der Geburt
Dies sind nur einige der scheinbar unzähligen Techniken, die man mit einem Tragetuch binden kann. Wir haben uns für diese Auswahl entschieden, da wir einige abwechslungsreiche Ideen in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und für unterschiedliche Bedürfnisse bieten möchten.
Doch abgesehen des klassischen Tragetuchs, bieten viele Hersteller ein weiteres Modell ab der Geburt an:
Eigentlich ist das Ring-Sling ein fast „normales“ Tragetuch. Es ist etwas kürzer als die oben beschriebenen Tragetücher und verfügt über zwei eingenähte Ringe.
Die Babytrage in ihren Variationen
Im Gegensatz zum Tragetuch bieten sich Babytragen* in den unterschiedlichsten Variationen an. Wir persönlich waren im ersten Moment überwältigt von diesem enormen Angebot und mussten uns erst einmal die jeweiligen Unterschiede einlesen. Für einen besseren Überblick haben wir diese für euch zusammengefasst:
Mei-Tai: ab der Geburt
Eine Mei-Tai-Trage besteht aus einem Rückenteil und daran angenähten langen Trägern sowie einem Bauchgurt. Die Träger (gefüttert oder nicht gefüttert) sowie der Bauchgurt werden an eurem Rücken gebunden, ohne Schnallen verstellen zu müssen. Dadurch eignet sich die Mei-Tai-Trage für große und kleinere, breite und schlanke Menschen zugleich.
Der einzige Nachteil einer Mei-Tai-Trage ist, dass man aufgrund des doch eher festeren Materials die Spreiz-Anhockhaltung nicht in dem Maß wie mit dem Tragetuch erreicht und noch besser kontrollieren muss, dass sich die Beinchen des Babys möglichst über der Po-Höhe befinden.
Die Mei-Tai-Trage kann vorne, an der Seite als auch am Rücken getragen werden.
Die Mei-Tai-Trage wird zusätzlich in folgenden Variationen angeboten:
Halfbuckle
Sie verfügt über eine Schnalle am Bauchgurt. Die Träger werden verknotet. Diese Trage kann vorne am Bauch oder am Rücken getragen werden.
Fullbuckle
oder auch Komforttrage genannt: Diese Tragehilfe verfügt wie bei Halfbuckle über eine Schnalle am Bauchgurt. Die Träger können durch Schieberegler in ihrer Größe verstellt werden und werden über Kreuz oder gerade getragen. Auch sie verfügen über einen Schnallenverschluss. Dabei sind sie entweder am Bauchgurt oder seitlich am Rückenteil befestigt.
Sie ist wohl das einfachste Tragesystem und wird von Personen bevorzugt, die nicht binden wollen oder denen es etwas zu aufwendig ist. Auch wir haben uns zu Beginn für eine Komfort-Trage entschieden und sind erst im Krabbelalter zu einem anderen Tragesystem gewechselt.
Die Komfort-Trage besticht durch das schnelle Anlegen des Babys an den eigenen Körper, ohne viel falsch machen zu können. Die Trage wird ausschließlich durch Schnallen geschlossen und muss nicht gebunden werden. Ihr müsst also lediglich darauf achten, dass euer Baby in der Spreizhocke sitzt und das Köpfchen genügend Platz zum Bewegen hat. Auch sollte euer Baby nicht zu fest am Körper liegen, um genügend Luft zu bekommen.
Wrap Conversion
Hier bestehen die Träger aus einem Tragetuchstoff und sind meist ungepolstert. Sie werden faltenweise festgezogen und geknotet. Werden die Träger breiter gelegt, verteilt sich das Gewicht eures Babys gleichmäßiger über euren Rücken und die Schultern. Hier gibt es unterschiedliche Bauchgurte: Entweder wie bei Halfbuckle oder wie beim Tragetuch.
Onbuhimo: ab dem Sitzalter
Die Onbuhimo* ist ähnlich aufgebaut wie eine Mei-Tai-Trage. Allerdings verfügt sie über keinen Bauchgurt und kann daher gut in der Schwangerschaft getragen werden. Das Kind in der Onbuhimo wird ausschließlich am Rücken getragen. Da sie in den Kniekehlen als auch im Nackenbereich Druck ausüben könnte, ist sie unserer Meinung nach nur für kurze Strecken geeignet, wenn das junge Kind vom Laufen müde ist und eine Pause benötigt.
Podaegi: ab der Geburt
Podaegi ist eine koreanische Tragehilfe und verfügt wie die Onbuhimo nur über Schulterträger, die am breit und lang geschnittenen Rückenteil befestigt sind. Hier sitzt euer Kind etwas weiter unten, was sich in euren Schultern als angenehmer anfühlt.
Wir hoffen, euch mit dieser Übersicht über die unterschiedlichsten Varianten und Möglichkeiten des Tragens von Babys und Kleinkindern ein wenig geholfen zu haben und wünschen viel Freude beim Tragen!
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